BFW-Dortmund

Großer Wunsch: Ein Büro ohne Geräusche

Es wird ganz still im Raum als Jost Niggemeier anfängt zu erzählen. Er weiß, dass er für die Besucher des Dortmunder Dialog@BFW ein besonderer Mensch ist.

 

Er ist aufgeregt, aber es ist ihm wichtig, dass andere erfahren, wie er sich als Autist in dieser schnellen, lauten und oft hektischen Berufswelt fühlt. “Ich mag einfach keine lauten Geräusche”, sagt er leise und ist froh, dass ein Mikro seine Stimme lauter erscheinen lässt. “Ich nehme wirklich jedes einzelne Geräusch ganz intensiv wahr und das nervt. Dann kann ich mich kaum konzentrieren. Alles wäre einfacher, wenn es überall leiser wäre.” Der Fachinformatiker Fachrichtung Anwendungsentwicklung hat einen einfachen Wunsch: Er möchte ein Büro möglichst ohne Geräusche.

Marc Brendecke stimmt ihm zu. Auch er ist Autist. Auch er macht im Berufsförderungswerk Dortmund eine Qualifizierung zum Fachinformatiker Fachrichtung Anwendungsentwicklung. Einen Raum voller Menschen findet er anstrengend. Doch die rund 50 Besucher beim Dortmunder Diolog nimmt er an diesem Novembervormittag gelassen. “Ich mag es nicht, wenn alle auf einmal reden,” erklärt er und fügt schmunzelt hinzu: “Hier geht es. Denn hier hören ja alle zu.”

Menschen mit Autismus sind zum Teil sehr wertvolle Mitarbeiter in ganz unterschiedlichen Branchen. Besonders die IT Branche setzt immer stärker auf Mitarbeiter mit einem autistischen Hintergrund. Wie genau Autisten in der IT-Branche eine Bereichung sein können, erklärt Dörte Kühn-Nagel den Besuchern des Dortmunder Dialogs@BFW. Sie arbeitet als Business Coach und berät IT-Fachkräfte mit einer Autismus-Diagnose und IT-Unternehmen. Vorab war sie für das Unternehmen Auticon tätig. Die weltweit agierende Auticon GmbH hat eine Niederlassung in Düsseldorf, hier arbeiten, wie an anderen Unternehmensstandorten auch, ausschließlich autistische Consultants. Die IT-Berater agieren im Tandem mit einem nicht autistischen Jobcoach. “Nicht jeder Autist ist ein Computer-Nerd”, erklärt Kühn-Nagel, “aber viele Autisten besitzen Denkstrukturen, die besonders in der IT-Branche gefragt sind. Autismus ist keine Störung oder Krankheit. Autisten haben keinen Systemfehler, sondern einfach ein anderes Betriebssystem.”

Im Berufsförderungswerk Dortmund gibt es für jeden Teilnehmer individuelle Unterstützung. Die Erfahrungen mit autistischen Teilnehmern sind gering, denn diese Diagnose wird selten gestellt. Im Bereich der IT-Berufe hat BFW-Ausbilder Achim Magenheimer in den vergangenen 10 Jahren gerade einmal zwei Teilnehmer mit dieser Diagnose ausgebildet und war bei so manchen Klausuren wirklich überrascht. “Da wurden mir in der Klausur Lösungsansätze präsentiert, die wir im Unterricht niemals zuvor besprochen hatten”, erklärt er den Besuchern des Dortmunder Dialog@BFW. “Diese Teilnehmer waren für den gesamten Lehrgang echt eine Bereicherung.”

Der Dortmunder Dialog geht an diesem Tag still zu Ende, denn für alle Besucher waren die Wünsche von Jost Niggemeier und Marc Brendecke nach weniger Geräusch-Kulisse nach den offenen Gesprächen mit den beiden durchaus verständlich. Für alle war am Ende klar: Laute Geräusche, die kann man leicht aussperren und Gespräche, die können auch leiser stattfinden. Mit ganz einfachen Mitteln lässt sich die Welt für Autisten etwas erträglicher gestalten.

Der nächste Dortmunder Dialog@BFW findet Mitte März statt. Der genaue Termin folgt.

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